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Ärztliche Atteste

Workshopleitung: Sebastian Hentschel, MAGDEBURG
Workshopblock: Block 3, Do, 14.00-15.30 Uhr
Teilnehmende Hochschulen: HAMBURG, ERLANGEN, DRESDEN, KAISERSLAUTERN, AACHEN
Protokoll: Felicitas Wille, DARMSTADT

Inhalt des Workshops:

Studierende benötigen ärztliche Atteste, um die Prüfungsunfähigkeit bescheinigen zu können. So bekommen sie auch nach Ablauf der regulären Abmeldefrist keine Fehlversuche eingetragen. Einige Universitäten fragen zusätzlich zur Prüfungsunfähigkeit auch die Symptome der erkrankten Studierenden ab. Die Prüfungskommission entscheidet dann auf der Grundlage der vorliegenden Symptome, ob wirklich eine Prüfungsunfähigkeit vorliegt. Die Kompetenzen der Ärzte werden so in die Prüfungskommission verlagert. Einige Studierende haben jedoch Hemmnisse, ihre Symptome der Prüfungskommission– aus Gründen wie psychischem Druck, Angestelltenverhältnissen zu Personen im Fachbereich, etc.

Es stellt sich die Frage, ob dieses Vorgehen gegen die ärztliche Schweigepflicht verstößt. Laut aktueller Rechtsgutachten und Rechtslage ist der Studierende jedoch mitwirkungspflichtig bei der Feststellung der Prüfungsunfähigkeit. So entbinden die Studierenden den Arzt von der Schweigepflicht – ähnlich wie es auch bei der Überweisung eines Patienten an Fachärzte getan wird. Im Zusammenhang mit Prüfungen an der Universität steht diese Erlaubnis jedoch unter einem anderen Licht. Durch das Offenlegen der Symptome können Vorbehalte entstehen und so dazu führen, dass Studierende nicht in bestimmten Positionen eingestellt werden. Die Befürchtung ist, dass dies gerade bei psychischen Krankheiten der Fall ist. Ein weiterer Punkt ist, dass nicht garantiert ist, dass in Zukunft nicht auch die Krankheitsbilder abgefragt werden statt der Symptome. Dies wäre ein noch größerer Eingriff in die Privatsphäre.

Die aktuelle Rechtslage sieht vor, dass die Prüfungsunfähigkeit vom Prüfungsausschuss festgestellt werden muss. Die Prüfungskommission kann sich hierbei dem Urteil eines Arztes anschließen ohne die genauen Symptome zu kennen, muss dies aber nicht zwingend. Die Befürchtung der Prüfungskommissionen ist, dass Studierende durch persönliche Beziehungen an ärztliche Atteste kommen können ohne wirklich prüfungsunfähig zu sein. Die Prüfungskommission kann bei wiederholter Vorlage von Attesten festlegen, dass ein Amtsarzt die Prüfungsunfähigkeit feststellen muss, allerdings ist auch dieses Vorgehen nicht für alle Studierenden optimal. Studierende müssen an ihrem Wohnort zum Amtsarzt gehen. Dieser stimmt aber oft nicht mit dem Studienort überein.

DRESDEN: Die Studierenden werden durch die Abfrage der Symptome unter den Generalverdacht gestellt, dass die ärztlichen Atteste ohne Vorliegen einer Prüfungsunfähigkeit ausgestellt wurden. In Dresden hat man nach dem Prüfungstermin drei Tage Zeit, um das Attest einzureichen. Dabei muss man ein Formblatt benutzen und in diesem die Symptome aufführen.

HAMBURG: Da die Anzahl der Abmeldungen mit Attest exponentiell angestiegen ist, wurde die Frist zur regulären Abmeldung von Prüfungen auf zwei Tage verkürzt. So können Studierende auch bei einer gewünschten kurzfristigen Abmeldung von der Prüfung den legalen Weg beschreiten.

MAGDEBURG: Vom FSZ gibt es eine Initiative gegen das Abfragen von Symptomen seitens der Universität.

AACHEN: Studierende dürfen in ihrer gesamten Studienzeit sieben Atteste einreichen. Danach müssen sie von einem Hochschularzt die Prüfungsunfähigkeit feststellen lassen.

Es kommt die Frage nach den Pro-Argumenten für die Abfrage von Symptomen auf.

MAGDEBURG: Rechtlich gesehen stellt die Prüfungskommission die Prüfungsunfähigkeit fest und nicht der Arzt. Bei psychischen Problemen haben die Universitäten so zugleich auch die Möglichkeit, Studierende gezielt zu beraten (z.B. zur weiteren Studiengestaltung, evtl. Wahl eines anderen Studiengangs). Von hoher richterlicher Instanz wurde ebenfalls bestätigt, dass das aktuelle Vorgehen mit Abfrage der Symptome legitim ist.

Erscheinen Studierende zu einer Prüfung, haben sie die Möglichkeit, die Prüfung abzubrechen, falls sich herausstellt, dass der Prüfling nicht prüfungsfähig ist. Nach dem Abbruch der Prüfung muss der Prüfling sofort einen Arzt aufsuchen und die Prüfungsunfähigkeit bestätigen lassen. Ein Abbruch der Prüfung ist möglich bis zu dem Zeitpunkt, an dem der Prüfling die Note erfährt. Aber auch bei einem Abbruch während der Prüfung kann die Prüfungskommission verlangen, über die Symptome aufgeklärt zu werden.

KAISERSLAUTERN: Studierende werden vor jeder Prüfung gefragt, ob sie prüfungsfähig sind und müssen dies auch unterschreiben.

DRESDEN: Nach dem Prüfungstermin, für den eine Prüfungsunfähigkeit vorliegt, muss man innerhalb von drei Tagen einen Antrag bei der Prüfungskommission auf Annullierung der Prüfungsleistung stellen.

MAGDEBURG (Sebastian): Studierende können evtl. zu Beginn der Prüfung nicht richtig einschätzen, ob sie prüfungsfähig sind. Dies kann durch das vorliegende Krankheitsbild noch verstärkt werden.

Wenn eine Befragung, ob man prüfungsfähig ist, nicht stattfindet, kann die Prüfung immer angezweifelt werden. DRESDEN: In Prüfungen wird regelmäßig nicht nachgefragt, ob die Prüflinge prüfungsfähig sind.

MAGDEBURG (Sebastian): Sebastian legt nochmals die Argumente gehen die Abfrage der Symptome durch die Prüfungskommission dar. Zum einen werden die Studierenden gezwungen, den Arzt von seiner ärztlichen Schweigepflicht zu entbinden. Es besteht der Druck, dass die Symptome dargelegt werden müssen, obwohl der Studierende dies vielleicht gar nicht möchte. Des Weiteren müssen die Studierende oft noch zusätzliche Gebühren beim Arzt bezahlen, um das von der Universität geforderte Formular vom Arzt ausfüllen zu lassen. Außerdem werden gerade bei großen Klausuren und einer Abmeldefrist von z.B. einer Woche die Notaufnahmen von vielen Studierenden besucht, die ein Attest als letzten Ausweg sehen, die Klausur nicht zu schreiben. Mit einer Regelung, auch noch kurzfristig von der Klausur zurücktreten zu können, würde dieses Problem gelöst werden können und der Generalverdacht eines falschen Attestes würde verschwinden.

Es kommt die Frage auf, was außer einem Beschluss auf der FaTaMa gegen das Vorgehen der Prüfungskommissionen getan werden kann. Die Studierenden in Sachsen-Anhalt haben dafür bereits versucht, Ärzte und den Landtag von ihrer Position zu überzeugen. Allerdings findet die Ärztekammer das Vorgehen nicht bedenklich, da die Studierenden die Ärzte von der Schweigepflicht befreien und die Ärzte somit nicht illegal handeln. Der Landtag befindet das Vorgehen ebenfalls für rechtlich unbedenklich und sieht keinen rechtlichen Handlungsbedarf.

AACHEN: In Aachen müssen auf den Attesten die Symptome vermerkt sein. Die Prüfungskommission hat in der Vergangenheit auch bereits Anträge auf Prüfungsunfähigkeit abgelehnt. Die Fakultätsmitarbeiter (Assistenten) legen fest, welche Krankheitsbilder für eine Prüfungsunfähigkeit ausschlaggebend sind und welche nicht. Die Fakultätsmitarbeiter haben dafür den Auftrag der Prüfungskommission erhalten und dürfen dies tun. Bereits abgelehnte Atteste umfassten Symptome wie Kopfschmerzen, Schwindel, Bluthochdruck aber auch Magen-Darm-Probleme. MAGDEBURG: Prüfungsangst ist kein Grund für die Feststellung einer Prüfungsunfähigkeit. Die Prüfungsunfähigkeit darf nur festgestellt werden, wenn es sich um vorübergehende Symptome handelt und keine längerfristigen Erkrankungen.

AACHEN: Die Ärzte dürfen nicht attestieren, dass die Krankheit schon vor der Prüfung akut war.

KAISERSLAUTERN: Bei besonderen Erkrankungen chronischer Natur (Beispiel: Autismus) man kann Chancengleichheit beantragen (Erleichterungsantrag).

MAGDEBURG (Sebastian): Eine mögliche Lösung, um die Symptome nicht mehr angeben zu müssen, wäre ein Formular, indem der Arzt diese Kennzeichen der Krankheit bestätigt. Das Formular müsste dementsprechend formuliert sein. Der Arzt muss feststellen, dass prüfungsrelevante Erkrankungen vorliegen, die die psychische und physische Leistungsfähigkeit des Studierenden einschränken. Schwankungen in der Tagesform stellen keinen Grund für die Prüfungsunfähigkeit dar. Die Abmeldezeiträume für eine Prüfung sollten außerdem bis 1-2 Tage vor der Prüfung verkürzt werden.

Es stellt sich die Frage, ob das Gerichtsurteil endgültig ist oder das Abfragen von Symptomen vor Gericht verboten werden könnte. Das aktuelle Urteil ist vom Bundesverwaltungsgericht aus dem Jahr 2004. Da sich die Rechtsgrundlage nicht geändert hat, lässt sich nicht rechtlich gegen das Abfragen von Symptomen vorgehen. DRESDEN: Es wäre einfacher, per Gesetz zu beschließen, dass die Praxis unzulässig ist, als den Prozess an jeder Universität anzustoßen. Rein rechtlich ist das Vorgehen allerdings unbedenklich und wird daher auch nicht in Zukunft eingeklagt werden.

Beschlussvorschlag für das Zwischenplenum der FaTaMa 2015 (formuliert von MAGDEBURG):

Die 16. Fachschaftentagung Maschinenbau fordert, dass zur Abmeldung von Prüfungen aus gesundheitlichen Gründen eine ärztliche Attestierung der Prüfungsunfähigkeit ausreicht. Es darf nicht verlangt werden, Diagnosen oder Symptome gegenüber der Hochschule offen zu legen. Die psychische Belastung von Studierenden bei erzwungener Offenlegung ihrer Symptome vor einem Prüfungsausschuss steht in keinem Verhältnis zu dem fragwürdigen Nutzen. Der Generalverdacht, dass Studierende und Ärzte Vorteile erschleichen, ist nicht hinnehmbar. Fraglich ist auch, ob Prüfungsausschüsse die Kompetenzen haben, um über Prüfungsunfähigkeit aus gesundheitlichen Gründen zu entscheiden. Die FaTaMa fordert den Gesetzgeber auf, der Abfrage von Symptomen durch die Prüfungsämter einen Riegel vorzuschieben.

Andere prüfungsrechtliche Themen / Probleme:

MAGDEBURG: Die An-und Abmeldezeiträume beschränken sich auf einen Zeitraum von vier Wochen. Diese Zeitspanne liegt oft ein Vierteljahr vor der eigentlichen Prüfung, sodass der Prüfling noch nicht abschätzen kann, wie er/sie mit dem Vorlesungsstoff zurechtkommt.

AACHEN: Mündliche Ergänzungsprüfungen müssen spätestens vier Wochen nach der Einsicht stattgefunden haben. Wenn die Studierenden aus gesundheitlichen einen Termin innerhalb dieser Frist nicht einhalten können, dann werden Briefe zur Exmatrikulation verschickt. Bei Krankheit bekommt man zwar einen neuen Termin zur Ergänzungsprüfung. Das Problem entsteht jedoch, wenn der neue Termin nicht mehr innerhalb der 4-Wochen-Frist liegen kann. Man könnte eine Formulierung in die Prüfungsordnung aufnehmen, die dies verhindert. Ob die Universitäten dies jedoch in die Prüfungsordnungen aufnehmen, ist fraglich.

MAGDEBURG: Sebastian findet Zwangsanmeldungen zu Prüfungen generell schwierig. In Magdeburg muss man zwei Semester nach dem Prüfungstermin (lt. Studienplan) die Prüfung geschrieben einmal abgelegt haben.

KAISERSLAUTERN: Man muss innerhalb von zwei Jahren eine Prüfung abgelegt haben.

DRESDEN: Es gibt keine Frist oder Pflicht zum Ablegen bestimmter Prüfungen. Die Wiederholung muss innerhalb eines Jahres stattfinden; der Drittversuch dann zum nächstmöglichen Termin. Generell muss man innerhalb von zwei Jahren eine Prüfung abgelegt haben.

KAISERSLAUTERN: In Kaiserslautern hat man acht Prüfungssemester am Stück und kann danach eine Pause einlegen und hat dann noch einmal ein Anrecht auf zwei Prüfungszeiträume.

DRESDEN: In Dresden darf man die Regelstudienzeit um maximal vier Semester überschreiten.

KAISERSLAUTERN: Diplomstudierende müssen, wenn sie zum ersten Mal durch eine Prüfung fallen, die Prüfung zum nächstmöglichen Termin nochmals ablegen. Bachelorstudierende müssen die Wiederholungsprüfung spätestens ablegen, wenn die Vorlesung zum nächsten Mal gelesen wird /die Veranstaltung stattfindet. Es findet keine automatische Anmeldung zur Prüfung statt. Verpassen Studierende in diesem Fall die Anmeldefrist, bekommen die einen Fehlversuch, was besonders in diesem Fall des Zweitversuchs zusätzlichen Druck aufbaut.

fatama/2015_darmstadt/workshops/aerztliche_atteste/start.txt · Zuletzt geändert: 2019/06/04 19:47 von admin